Pfarrkirche Herz Jesu (Oranienburg)
Nach 130 Jahren blickt unsere Pfarrkirche Herz Jesu in Oranienburg auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Sie ist die älteste nachreformatorische katholische Kirche in unserer Region und damit auch unserer Pfarrei. Die damalige Pfarrei St. Marien in Reinickendorf, die am 30. Dezember 1892 errichtet worden war, erstreckte sich von Berlin im Süden bis zur Grenze Mecklenburgs im Norden. Als der erste Pfarrer von Reinickendorf, Johann Leopold Panske, im Jahr 1893 in Oranienburg eintraf, hatte es seit der Reformation keinen katholischen Gottesdienst mehr in der Stadt gegeben. In der gesamten Pfarrei St. Marien Reinickendorf gab es damals noch keine einzige katholische Kirche! Für die Gottesdienste stand lediglich die Kapelle im Kloster zum guten Hirten in Reinickendorf zur Verfügung, in der Pfarrer Leopold Panske seit 1887 als Kaplan tätig war. Nun hatte aber die Industrialisierung der vergangenen Jahre zahlreiche Menschen nach Berlin und in die Umgebung gebracht, so dass sich in dem zuvor rein protestantischen Gebieten wieder einige Katholiken ansiedelten hatten, die es zu sammeln galt. Genau das war auch das Ziel von Pfarrer Panskes erstem Fußmarsch durch Oranienburg, das nun zu seinem weitläufigen Pfarrgebiet gehörte. Etwas ratlos soll er bei seiner Ankunft auf der Schlossbrücke gestanden haben, rätselnd, wie er seine Schäfchen in der unbekannten Stadt auffinden sollte. Rat wusste ein Frisör. Dieser konnte ihm genaue Angaben zu den örtlichen Katholiken geben, inklusive Stand und Wohnadresse. So führte der Reinickendorfer Pfarrer seine Oranienburger Gemeinde allmählich zusammen und hielt bald den ersten katholischen Gottesdienst seit Jahrhunderten in der Stadt ab. Die Chronik benennt den Ort nicht genau, nur dass es sich um ein Lokal in der heutigen André-Pican-Straße gehandelt hat. Der Altar bestand aus zwei Holzböcken mit zwei darüber gelegten Brettern. Er war recht wackelig und primitiv. Während der Priester sich ankleidete, saßen die Gäste oftmals noch beim Glas Bier in der Gaststube und schauten neugierig zu.
Mit Spenden zur Grundsteinlegung
Das konnte so nicht bleiben, zumal die Gemeinde anwuchs. Ermöglicht durch Spenden von Katholiken aus dem In- und Ausland, wurde schon kurze Zeit später in der Berliner Straße 42 ein Grundstück mit Wohnhaus erworben und am 29. April 1894 der Grundstein für ein katholisches Kirchengebäude auf dem Hof dieses Grundstücks gelegt. Mit dem Bau wurde der Oranienburger Baumeister Wilhelm Daßler beauftragt, der in der Folge auch die katholischen Kirchen St. Joseph in Velten, St. Heinrich in Wittenberge und die Mariä Himmelfahrt-Kirche in Zehdenick entwarf und baute. Diese Kirchen sehen sich zwar ähnlich, unterscheiden sich aber in einigen Details. So ist die Oranienburger Kirche Herz Jesu die einzige, in der die drei Apsiden in der klassischen Rundform ausgeführt sind. Aus dem Bauplan ist zu ersehen, dass ursprünglich zunächst nur eine Apsis für den Hochaltar vorgesehen war und erst im Laufe der weiteren Bauberatungen die kleineren Apsiden, links davon für die Sakristei und rechts davon ursprünglich als Seitenkapelle ausgeführt, hinzugefügt wurden. Nach anderthalbjähriger Bauzeit wurde die neue Herz-Jesu-Kirche, wie alle Kirchen Daßlers ein schlichter historistischer Backsteinbau mit Portalturm, am 15. September 1895 von dem fürstbischöflichen Delegaten Prälat Dr. Jahnel unter Assistenz mehrerer Geistlicher benediziert. Eine „richtige“ Kirchweihe (Konsekration) fand wie seinerzeit gar nicht so unüblich nicht statt, weil es weit und breit keinen Bischof gab, der eine Weihehandlung hätte vornehmen können. Pfarrer Panske vermerkte 1895 zum Kirchengebäude nicht ohne Stolz in der Chronik: „Es zeichnet sich bei aller Einfachheit durch die Gediegenheit des verwandten Materials und durch die harmonischen Verhältnisse aller einzelnen Teile aus. Das Innere der Kirche ist reichlich mit künstlerischen Decken- und Wandmalereien nach den Entwürfen des Kirchenmalers Herrn Gottfried Schiller aus Stuttgart von der Hand des Malers Herrn Devantier geschmückt. Die Mitte des Plafonds (Decke des Raumes) wird durch ein Kreuz in vier Teile geteilt. Als Deckengemälde dem Altar zunächst prangt das Gemälde: ‘Der Heiland mit den Jüngern zu Emmaus.’" Johann Leopold Panske verlegte kurz darauf wohl etwas eigenmächtig seinen Wohnsitz von Reinickendorf nach Oranienburg, was ihm einigen Ärger mit der Kirchenleitung bescherte. Er blieb noch bis 1908 als erster Pfarrer von St. Marien Reinickendorf in Oranienburg und setzte sich danach, gesundheitlich stark angeschlagen, in Neuzelle zur Ruhe. Johann Leopold Panske verstarb 1919 im Alter von 64 Jahren an seinem Ruhestandssitz in Neuzelle und wurde auf dem dortigen Friedhof beigesetzt. Im Jahre 1910 wurde Oranienburg kirchenrechtlich eine selbständige Pfarrei und damit herausgelöst aus der Mutterpfarrei St. Marien Reinickendorf mit der Pfarrkirche Herz Jesu: Zu dieser wurde die damalige Kuratie Oranienburg durch Urkunde vom 8. Oktober 1910 durch den Fürstbischof Kardinal Kopp erhoben. Die Bestätigung der Königlichen Regierung ist datiert vom 22. Oktober 1910.

Zeitgenössische künstlerische Decken- und Wandmalereien nach den Entwürfen des Kirchenmalers Herrn Gottfried Schiller aus Stuttgart, von der Hand des Malers Herrn Devantier ausgeführt
Die Spuren des Krieges
Durch eine beherzte Rettungsaktion konnte die Kirche die großen Bombardierungen Oranienburgs in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs überstehen. Schwester Leukadia war 1945 Schönstatt-Schwester in Oranienburg und berichtete, dass sie etwa fünf Bomben vom Kirchendachboden durch das offene Dach wieder hinausgeworfen habe. Die Bomben hätten nicht gezündet, sonst wäre die Kirche abgebrannt. Doch die Spuren des Krieges blieben deutlich sichtbar und die einst prächtige und farbige Innenausmalung soll auch durch Rußspuren sehr unansehnlich geworden sein. Im Jahr 1960 erfolgte schließlich eine erste umfangreiche Sanierung, bei der der Altarbereich umgestaltet und die Wand- und Deckenmalereien durch eine dem damaligen Zeitgeschmack entsprechende schlichte Ausmalung ersetzt wurden. Dass das Verhältnis der Kirchen zum DDR-Staat kein einfaches war, ist hinlänglich bekannt. Im Jahre 1976 musste die Gemeinde gezwungenermaßen fast zwei Drittel ihres Grundstückes an den Rat der Stadt Oranienburg veräußern. Anlass war das beschlossene komplexe Wohnungsbauprogramm Oranienburg-Zentrum. Seit dieser Zeit ist der ursprüngliche Zugang zum Kirchengrundstück geschlossen, an dieser Stelle stehen heute die Plattenbauten an der Berliner Straße. Das frühere Pfarrhaus musste dafür weichen und die Gemeinde erhielt als Ersatz das heutige Pfarrhaus in der Augustin-Sandtner-Straße 3, an das dann noch das nach dem seligen Rupert Mayer benannte Gemeindehaus angebaut werden konnte.
Der Wunsch des Papstes
In Erinnerung an die Opfer des KZ Sachsenhausen wurde – angeregt 1984 von Papst Johannes Paul II. im Rahmen einer Begegnung mit dem damaligen Oranienburger Pfarrer Alfons Bunk während einer Wallfahrt von DDR-Bürgern nach Rom – im Jahr 1987 vom Künstler Georg Kurze eine Gedenkwand in der Kirche gestaltet. Die Einweihung erfolgte am Passionssonntag, dem 7. April 1987 im Beisein des Berliner Bischofs, Joachim Kardinal Meisner und des Bischofs von Stettin-Cammin Kazimierz Jan Majdański, der selbst von 1939 bis 1945 in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau in Haft gewesen war. Die Ansprache von Majdański wurde im St. Hedwigsblatt abgedruckt, ist somit überliefert. Wie eine Vorhersehung erscheint die damalige Erwähnung unseres Patrons, des heiligen Maximilian Kolbe, durch Bischof Majdański als Beweis dafür, dass die Konzentrationslager keine Stätten der Niederlage der Menschenwürde wurden, sondern zu Orten vieler Heiligsprechungen – so auch für Maximilian Kolbe.
Die heutige Gestalt
Die letzte große Innenrenovierung und Umgestaltung der Kirche fand 1995 rechtzeitig vor der Hundertjahrfeier statt. Altar mit Altarinsel, Taufstein und Ambo stammen vom Berliner Architekten Herrmann Korneli und wurden vom damaligen Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky eingeweiht. Durch Dekret des Erzbischofs von Berlin, Dr. Heiner Koch, vom 01. September 2024 wurde die Kirche Herz Jesu mit Wirkung zum 01. Januar 2025 zur Pfarrkirche der Katholischen Kirchengemeinde Pfarrei Hl. Maximilian Kolbe-Oberhavel Süd bestimmt.